Erwartungen eines Fanboys an ... Der Hobbit

10.07.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Der Hobbit – Eine unerwartete Reise
Warner Bros.
Der Hobbit – Eine unerwartete Reise
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Die Dreharbeiten zu Peter Jacksons Hobbit-Filmen sind abgeschlossen und Fans können die Rückkehr nach Mittelerde kaum abwarten. Doch kann Peter Jackson an seine Herr der Ringe-Trilogie anknüpfen und gleichzeitig der Vorlage gerecht werden?

Letzte Woche verkündete Peter Jackson, dass die Dreharbeiten zu seinen beiden Der Hobbit-Filmen abgeschlossen sind. Bis der erste Teil Der Hobbit: Eine unerwartete Reise in die Kinos kommt, dauert es zwar noch eine Weile – genauer gesagt bis zum 13. Dezember – , doch wir wollen diesen Anlass nutzen, einmal einen Blick auf Der Hobbit, seine Vorlage und die Schwierigkeiten, die Peter Jackson bei der Adaption zu überwinden hatte, zu werfen.

Heimweh nach Mittelerde – Was Fans sich von Der Hobbit erhoffen
Als ich zum ersten Mal von Der Herr der Ringe: Die Gefährten hörte, wusste ich weder, wer Peter Jackson, Elijah Wood oder Ian McKellen sind, noch, wie enorm einflussreich die Vorlage von J.R.R. Tolkien ist, wie sehr sie ihren Fans am Herzen liegt – und dass sie in den Augen vieler dieser Fans lange als „unverfilmbar“ galt. Doch im Film sollten Elfen und Zauberer und Orks vorkommen und für mich, damals frisch vom Fantasy-Genre angefixt, reichte das eigentlich schon aus, mich darauf zu freuen. Ins Unermessliche stieg meine Vorfreude allerdings erst, als mir bewusst wurde, dass Der Herr der Ringe die Fortsetzung zu Der Hobbit ist – dem Roman, der (neben den ersten Teilen der Harry Potter-Reihe) den Grundstein für meine Fantasy-Begeisterung legte.

Auf das, was mich dann im Kino bei Der Herr der Ringe – Die Gefährten erwartete, konnte mich Der Hobbit (in Der Herr der Ringe hatte ich vor dem Kinobesuch lediglich reingelesen und tat mich ein wenig schwer damit – ich war 11 – , Interesse für die zu Beginn des Romans ausführlichst beschriebenen Vorbereitungen zu Bilbos Geburtstagsfeier aufzubringen) allerdings kaum vorbereiten: Mich so in eine Fantasy-Welt hineinzuziehen, derart allumfassende suspension of disbelief zu erreichen, das hatte bisher bestenfalls die alte Star Wars-Trilogie geschafft.

Es gibt viele andere Faktoren, die die Herr der Ringe-Filme zu den großartigen Meisterwerken machen, die sie sind (auf einige will ich später noch kommen), doch dies ist der offensichtlichste (und einer der wichtigsten): Die von Peter Jackson und seinem Team erschaffene Welt wirkt – auch dank der der Vorlage entnommenen Geschichte und Mythologie – so glaubwürdig (und visuell so überwältigend) wie selten zuvor (und bisher eigentlich nie danach) auf der Leinwand. Mittelerde schien nicht erdacht zu sein, um uns diese eine Geschichte zu erzählen, es schien tatsächlich zu existieren und wir hatten den Eindruck, nur einen Teil der Geschichte dieser fantastischen Welt zu erleben. Allein, weil sie die Chance bieten, noch einmal in diese Welt zurückzukehren, können wir Fans Peter Jacksons Hobbit-Filme kaum abwarten.

Neben der epischen Storyline von Der Herr der Ringe, bei der das Schicksal einer ganzen Welt auf dem Spiel steht, wirkte die märchenhafte Geschichte um den schrulligen Hobbit Bilbo für mich damals plötzlich ganz klein und unwichtig. Über die Jahre habe ich Der Hobbit jedoch aufs Neue lieben gelernt und erkannt, dass der Roman mehr ist als „nur“ Tolkiens erster Schritt auf dem Weg zu seinem späteren Meisterwerk. Es sind ganz andere Stärken als die von Der Herr der Ringe, die Der Hobbit auszeichnen. Peter Jackson hatte die Chance, mehr als nur zwei weitere Prequels zu drehen, wie sie derzeit im Überfluss in die Kinos kommen – er stand aber auch vor der schwierigen Aufgabe, gleichzeitig die durch seine Herr der Ringe-Trilogie geschürten Erwartungen zu erfüllen und den Stil der Vorlage, der sich stark von dem von Der Herr der Ringe unterscheidet, auf die Leinwand zu übersetzen.

What if the movie sucks? – Was trotzdem schiefgehen kann
Natürlich war die die eindrucksvolle Fantasy-Welt nicht der einzige Grund, warum die Herr der Ringe-Trilogie bei Filmfans auf so große Resonanz stieß. Ebenso wichtig waren die universalen Themen, die den emotionalen Unterbau der Geschichte bildeten: Zwischen all den Schlachten, magischen Ringen und laufenden Bäumen ging es auch um Freundschaft, um Familienkonflikte, um Abschied und Verlust. Das alles funktionierte, weil das Herz der Geschichte eine Gruppe von runden, glaubhaften Charakteren bildete, deren persönliche Geschichten ebenso ausgearbeitet waren wie die der Welt, die sie umgab, und mit denen man sich als Zuschauer leicht identifizieren konnte.

Tolkiens Hobbit fehlen solche Charaktere weitestgehend. Stattdessen wird Protagonist Bilbo Beutlin auf seiner Reise von 13 Zwergen begleitet, die, wenn man ehrlich ist, beim Lesen größtenteils kaum auseinanderzuhalten sind. Auch Bilbo selbst ist kein selbstloser Held wie es Frodo war, sondern ein spießiger, fauler, ängstlicher Hobbit, der mehr oder weniger gegen seinen Willen ins Abenteuer gezogen wird – sein literarischer Erbe ist weniger Harry Potter als Arthur Dent (insofern hat Peter Jackson zumindest bei der Wahl des Hauptdarstellers Martin Freeman schonmal ein glückliches Händchen bewiesen).

Das ist nicht als Kritik an Der Hobbit zu verstehen: Tolkien ging es hier eben nicht darum, eine epische Geschichte zu erzählen und sich mit universalen Themen auseinanderzusetzen. Er schrieb Der Hobbit als ein Kinderbuch, dementsprechend macht der Ton der Erzählung einen großen Teil des Reizes aus: Tolkiens Erzähler wird fast zu einem eigenen Charakter, der den Leser direkt anspricht, (für die damalige Zeit) moderne Referenzen macht und die Geschichte stets mit einem Augenzwinkern, einer gewissen ironischen Distanz erzählt. Das ist äußerst unterhaltsam, allerdings auch nahezu, nunja, unverfilmbar (wenn man nicht gerade die Fantasy-Variante eines Wes Anderson -Films drehen möchte). Man muss sich nur einmal die verschiedenen, mal mehr, mal weniger gelungenen Versuche, Romane von Terry Pratchett zu verfilmen, ansehen, um zu erkennen, wie schnell feiner Humor auf dem Papier zu plumpem Slapstick auf der Leinwand werden kann. Ohne diesen speziellen Erzählton bleibt jedoch eine Geschichte, die allzu leicht wie „Der Herr der Ringe light“ rüberkommen könnte – die Ähnlichkeiten im Plot sind genauso wenig von der Hand zu weisen wie die größere Komplexität und thematische Vielfalt sowie die glaubwürdigeren, eher ernstzunehmenden Charaktere von Der Herr der Ringe gegenüber Der Hobbit.

Der richtige Ton – Was Fans zu erwarten haben
Die wenigen Informationen, die wir bisher zum Ton der Hobbit-Filme haben, sind zwiespältig. Einerseits erkennt Jackson die Unterschiede zwischen Der Hobbit und Der Herr der Ringe an: [D]ie Charaktere der Zwerge sind der Unterschied. […] Die Zwerge geben [der Geschichte] eine kindliche, komödiantische Qualität. Andererseits legt der Trailer – trotz ein wenig Zwergen-Slapstick am Anfang – , mit seinen bedeutungsschwangeren Dialogfetzen und dem Zwergen-Lied, das wie eine schwermütige Coverversion von Little Drummer Boy klingt (zumindest überrascht es mich jedesmal, dass die einzelnen Verse nicht mit parampampampam enden), doch nahe, dass Jackson einen ähnlichen Ton wie den der Herr der Ringe-Filme gewählt hat.

Wie das mit der kleiner angelegten Geschichte, der geringeren Fallhöhe und den Hauptfiguren zusammenpasst, ob Peter Jackson vielleicht sogar die Persönlichkeiten der einzelnen Zwerge stärker ausgearbeitet hat oder wir nur Gimli, der oft eine comic relief-Funktion einnahm, in 13facher Ausführung bekommen, bleibt abzuwarten. Sicher ist, dass er sich beim Versuch, eine Geschichte zu erzählen, die eine ähnliche emotionale Resonanz hat wie die Herr der Ringe-Trilogie, andererseits aber den Unterschieden der beiden Romane Rechnung trägt – die also, wenn man so will, ernstzunehmen ist, aber sich selbst nicht zu ernst nimmt – auf einem schmalen Grad bewegt. Jedenfalls wäre es nicht das erste Mal, dass ein Prequel an in der Theorie komischen, in der Ausführung aber peinlichen, kindischen Charakteren leidet. Wenn also Der Herr der Ringe so etwas wie die Star Wars-Trilogie unserer Generation ist – hoffen wir, dass Der Hobbit nicht die neue Dunkle Bedrohung wird.

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