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Ist das Phantastische Tierwesen Franchise noch zu retten?

15.12.2020 - 11:40 UhrVor 3 Jahren aktualisiert
Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind
Warner Bros.
Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind
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Für den letzten Film gab es enttäuschende Kritiken, der Filmstart für Teil 3 wurde bereits verschoben und zuletzt der Rauswurf von Johnny Depp - rund läuft es für das Phantastische Tierwesen Franchise schon seit einiger Zeit nicht mehr. Was lief bisher schief und sollte sich in Zukunft ändern, um die Reihe wieder auf Kurs zu bringen?

Nach dem letzten Film der Tierwesen Reihe, Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen (2018), ist es ruhig um die Reihe geworden, die ursprünglich so erfolgreich sein wollte, wie die Harry Potter Filme. Doch weder Fans noch Kritiker konnte die Tierwesen Reihe bisher von sich überzeugen. Insbesondere Teil 2, Grindelwalds Verbrechen, war für viele eine herbe Enttäuschung. Auch finanziell blieb die Fortsetzung hinter den Erwartungen des Studios Warner Bros. zurück. Die ewigen Diskussionen um Johnny Depp, die in der kürzlichen Neubesetzung von Gellert Grindelwald mündeten, passen zu einem Franchise, dass in der Sinnkrise steckt.

Aber wie konnte es soweit kommen?

Die problematischen Drehbücher von Phantastische Tierwesen

Eines der größten Probleme ist, dass die Filme inhaltlich völlig verfahren sind. Es fehlt ein roter Faden. Mit dem Plot Twist am Ende von Grindelwalds Verbrechen hat man sich keinen Gefallen getan. Zur Erinnerung, am Ende des Films wird enthüllt, dass Credence' echter Name Aurelius Dumbledore ist und er somit ein Bruder des berühmten Albus Dumbledore ist. Ich persönlich empfand diese Wendung als zu gewollt und irgendwie unpassend. Es wirkt einfach zu erzwungen, Credence jetzt plötzlich zu einem Bruder Dumbledores zu machen. Wer die Harry Potter Bücher kennt, weiß dass Dumbledores Familie im siebten Buch "Die Heiligtümer des Todes" eine große Rolle spielt. Wäre dort ein weiterer Bruder Dumbledores in irgendeiner Hinsicht erwähnt worden, wäre es vielleicht glaubwürdiger gewesen; aber so wirkt das Ganze erzwungen und unglaubwürdig.

Auch sonst konnten die Filme, vor allem Teil 2, inhaltlich nicht überzeugen. Das liegt vor allem an den schwachen Drehbüchern, die ironischerweise von Harry Potter Autorin J.K. Rowling selbst verfasst wurde. Ursprünglich hatte ich mich über ihre Beteiligung an den Phantastischen Tierwesen Filmen gefreut, aber nach zwei Filmen denke ich, dass man besser jemand anderen als Drehbuchautor hätte engagieren sollen. Romane und Drehbücher sind eben nicht gleiche und während J.K. Rowling zweifellos eine sehr gute Schriftstellerin ist, so ist sie einfach keine gute Drehbuchautorin.

Während die Harry Potter Bücher immer eine klare Struktur hatten, fehlt genau diese den Drehbüchern der Tierwesen Filme. Bei Teil 1 konnte ich nochmal ein Auge zudrücken, weil die Geschichte am Ende doch noch die Kurve gekriegt hat (wenn auch meiner Meinung nach viel zu viel Zeit darauf verwendet wurde New York vorzustellen anstatt die eigentliche Handlung voranzubringen). Beim zweiten Film jedoch hat inhaltlich nichts mehr zusammengepasst. Wieder wurde zu viel Zeit darauf verwendet einen neuen Ort, diesmal Paris vorzustellen. Dabei wäre es wichtiger gewesen die Hauptgeschichte sowie die Charaktere weiterzuentwickeln.

Offenbar haben mittlerweile auch die Verantwortlichen bei Warner erkannt, dass die Drehbücher besser werden müssen: für den nächsten Tierwesen Film, Phantastische Tierwesen 3 wurde Steve Kloves als zusätzlicher Drehbuchautor verpflichtet. Kloves schrieb die Drehbücher für alle Harry Potter Filme, mit Außnahme des fünften Films Harry Potter und der Orden des Phönix (2007). Er kennt sich mit der Welt von Harry Potter also ziemlich gut aus. Mit ihm können die Drehbücher eigentlich nur besser werden. Ich finde es fast schade, dass man ihn nicht als alleinigen Drehbuchautoren verpflichtet hat, sondern nur als Unterstützung für J.K. Rowling. Hoffentlich hört sie auf ihn.

Die blassen Charaktere in Phantastische Tierwesen

Das Drehbuch Problem bringt mich zum nächsten Thema: den Charakteren. Sie müssen dringend weiterentwickelt und im Fall der Nebencharaktere, interessanter werden. Mit Newt Scamander (Eddie Redmayne) hat man eigentlich einen interessanten Hauptcharakter, der in Grindelwalds Verbrechen aber in der chaotischen Story und den vielen neuen Charakteren unterging. Die Nebenfiguren des ersten Films Tina Goldstein (Katherine Waterston), Queenie Goldstein (Alison Sudol) und Jacob Kowalski (Dan Fogler) waren im zweiten Film erstaunlich blass - auch sie gingen im Durcheinander des Films irgendwie unter.

Selbst Credence (Ezra Miller), der eigentlich eine entscheidende Rolle in beiden Filmen spielt, irrte durch den zweiten Film, ohne einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. In Erinnerung geblieben ist mir jedoch seine Beziehung mit Nagini (Claudia Kim), die aus den späteren Harry Potter Filmen als Voldemorts Schlange bekannt ist, hier aber ein Mensch ist (sie ist ein Maledictus, der sich in eine Schlange verwandeln kann; in den Harry Potter Büchern war sie aber immer "nur" eine Schlange). Auf mich wirkte Naginis Auftritt sehr gezwungen, als hätte man unbedingt noch eine Verbindung zur Harry Potter Reihe ziehen wollen.


Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind

Das Gleiche gilt für die vielen neuen Nebenfiguren, die in Grindelwalds Verbrechen dazukamen: kaum eine dieser Figuren blieb mir wirklich in Erinnerung. Am ehesten vielleicht noch Leta Lestrange (Zoë Kravitz), aber das war's dann auch. Gute Nebencharaktere brauchen nicht unbedingt viel Screentime, um einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Ein Severus Snape hatte, außer in Harry Potter und der Halbblutprinz (2009) vielleicht, auch nie besonders viel Screentime in den Harry Potter Filmen, aber seine Szenen waren so einprägsam, dass man ihn als Charakter nicht so schnell vergessen konnte.

Was bei den Harry Potter Büchern, und meistens auch bei den Filmen, so gut funktioniert hat, nämlich interessante Haupt- und Nebenfiguren zu kreieren, klappt bei den Phantastischen Tierwesen Filmen weniger gut. Mit Gellert Grindelwald (bisher Johnny Depp, im nächsten Film Mads Mikkelsen) und Albus Dumbledore (Jude Law) hat die Filmreihe zwei Charaktere mit viel Potenzial, das bisher aber überhaupt nicht genutzt wurde. Das ist doppelt schade, da Johnny Depp und Jude Law schauspielerisch Einiges aus ihren Rollen rausholen könnten, wenn man sie denn nur ließe. Doch in Grindelwalds Verbrechen trafen beide Figuren nie aufeinander, beide hätten mehr Screentime gut gebrauchen können und wirklich gefordert wurden beide Schauspieler auch nicht. Immerhin durfte Johnny Depps Grindelwald am Ende eine Bösewicht typische Rede halten, mehr aber auch nicht.

Gellert Grindelwald in Phantastische Tierwesen

Das bringt mich direkt zum nächsten Problem, der Besetzung von Gellert Grindelwald. Wie mittlerweile allseits bekannt sein dürfte wird Johnny Depp für den dritten Tierwesen Film nicht mehr zur Verfügung stehen. Ob die Gründe gerechtfertigt waren oder nicht sei mal dahin gestellt, für die Filmreihe ist es auf jeden Fall ein Verlust. Im zweiten Tierwesen Film war Johnny Depp einer der wenigen Lichtblicke, zudem hätte ich im nächsten Film gerne gesehen, wie Johnny Depps Grindelwald und Jude Laws Dumbledore aufeinander treffen. Dazu wird es nun leider nicht mehr kommen, allerdings hat man mit Mads Mikkelsen schnell einen sehr guten Ersatz finden können.

Schauspielerisch sollte die Rolle für Mikkelsen kein Problem darstellen, wenn jemand Bösewichte mit Charisma spielen kann, dann er. Allerdings wird man eine plausible Erklärung liefern müssen, warum sich Grindelwalds Äußeres erneut verändert hat (am Ende des ersten Films gab es ja bereits eine optische Veränderung, die damals aber gewollt war). Ich hoffe auch, dass Mads Mikkelsen genügend Screentime bekommt und sich als Grindelwald so richtig austoben darf. Das könnte die Filmreihe auf jeden Fall interessanter machen.


Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen

Phantastische Tierwesen fehlt es an Mut

Ein weiteres Problem ist die bisherige Mutlosigkeit von Regisseur David Yates. Er filmt das Drehbuch meist einfach ab, stilistische Überraschungen sind bei ihm selten bis gar nicht zu finden. Er ist kein schlechter Regisseur, aber meistens liefert er nur Durchschnitt ab. Das hat man schon bei den letzten Potter Filmen gemerkt, da wäre meiner Meinung nach mehr drin gewesen, wenn man einen mutigeren Regisseur, vorzugsweise Alfonso Cuarón, gehabt hätte.

Die Harry Potter Filme hatten jedoch allesamt bessere Drehbücher, einen Vorteil, den David Yates bei den Tierwesen Filmen bisher nicht hatte. Für zukünftige Tierwesen Filme würde ich mir nicht nur bessere Drehbücher wünschen, sondern auch mehr Experimentierfreude von Seiten David Yates' ; oder vielleicht auch mal einen anderen Regisseur.

Phantastische Tierwesen strotzt vor CGI

Mein letzter Kritikpunkt gilt dem Übermaß an CGI, ein Problem, dass jedoch leider nicht nur die Tierwesen Filme betrifft, sondern praktisch alle Blockbuster der letzten Jahre. Da es bei den Tierwesen Filmen aber auch in anderer Hinsicht hakt, fällt das CGI Problem noch mehr ins Gewicht. Während man für die Harry Potter Filme, vor allen die ersten, noch viel mit Spezialeffekten und echten Kulissen arbeitete, kommt bei den Tierwesen Filmen vor allem CGI zum Einsatz.

Bei den Harry Potter Filmen lief diesbezüglich zwar auch nicht immer alles rund, aber man hatte nie das Gefühl von CGI überschüttet zu werden. Am Ende beider Tierwesen Filme hatte ich jedoch genau diesen Eindruck. Vor allem Teil 2, Grindelwalds Verbrechen, übertrieb es mit dem Einsatz von CGI, der teilweise fast billig wirkte (ich denke hier an die Fluchtszene von Grindelwald am Anfang). Es wäre schön, wenn weitere Filme diesbezüglich einen Gang zurückschalten würden und mehr praktische Effekte einsetzen würden.

Was muss sich bei Phantastische Tierwesen 3 also ändern? Eigentlich fast alles. Die Geschichte muss auf Kurs gebracht werden und es braucht dringend bessere Drehbücher. Die Reihe sollte versuchen eigenständiger werden und nicht ständig erzwungen wirkende Harry Potter Parallelen ziehen. Ich sage es als Harry Potter Fan der ersten Stunde nicht gern, aber bisher haben mich die Tierwesen Filme mehr enttäuscht als überzeugt. Manchmal habe ich fast den Eindruck, dass J.K. Rowling das Gefühl für die Welt verloren hat, die sie mit den Harry Potter Romanen erschaffen hat.

Die magische Welt bietet eigentlich genug Potenzial, um neue Geschichten mit erwachsenen Hauptfiguren zu erzählen. Die Tierwesen Filme müssen diese Möglichkeiten nur endlich nutzen.

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